Das neue Album von Thees Uhlmann
Unglaublich! Ich musste vier Schallplattenläden durchstöbern, ehe ich das selbstbetitelten erste Solowerk von „Thees Uhlmann“ in den Händen halten konnte. Nicht erst seit dem Auftritt bei „Folklore im Garten“ am 27.08.2011 war der Erwerb für mich ein muss. Als „Tomte“-Fan wartete ich natürlich schon auf das erscheinen des Werkes aus der GHvC-Schmiede.
Die erste Singleauskopplung „Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse Den Fluss Hinauf“ lief schon ein paar mal im Radio aber so richtig habe ich erst später bemerkt das Thees Uhlmann ein neues Album herausgebracht hat.
Die Covergestaltung von „Thees Uhlmann“
Das Album-Cover zeigt eine schwarz-weiß Aufnahme von Thees Uhlmann anscheinend auf einer Bühne stehend, wie er mit dem Publikum zu kommuniziert. In alter Rockermanier hält er die Gitarre lässig über seiner Lederjacke hinter dem Rücken. Das ganze Bild ist schlicht und insofern stimmungsvoll, dass man meinen könnte er stünde in einem Stadion vor abertausenden von Menschen, die ihm zujubeln.
„Wenn es eine Lektion gibt, hat er sie gelernt…“
Leicht schleicht sich hier der Vergleich zu den alternden alten Rockern, wie Westernhagen, Kunze oder ähnlichen ein. Hier werden jedoch keine abgedroschenen Rock’n’Roll Klischees bedient. Keine Lobpreisungen an den Alkohol, keine eindeutig zweideutigen Anspielungen auf das andere Geschlecht.
Teilweise hat Thees Uhlmann das schon hinter sich (siehe Tomte’s „Korn und Sprite“) und teilweise ist er wohl zu feinfühlig, um in Plattitüden zu verfallen.
In die CD „Thees Uhlmann“ reingehört
Also los geht’s Scheibe in den Spieler und Ohren auf.
Aha, der bekannte Start mit „Zum laichen und sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“. Laut Interview hat er sich das Klavierspielen selbst beigebracht (siehe Visions Heft). Zwar behauptete Thees in gleichem Interview auch, dass die Songs weniger persönlich erlebtes als vielmehr Geschichten erzählen würden – dem widerspreche ich und wie man dem ersten Video ansieht auch er selbst. Das Video zu „Zum Laichen und sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ bietet tiefe Einblicke in Thees Uhlmanns Kindheit. Aber seht am besten selbst:
Der Song taugt durch seine steigende Intensität und starken Melodie für’s Stadion. Er ist eine Hymne an die Heimat zu verstehen.
Weiter geht’s mit der Hymne an die vergangene Nacht – „Die Nacht war kurz (ich stehe früh auf)“. Ohne auch nur ein Wort über die vergangene Nacht zu verlieren, erkennt man sich hier auch wieder.
Toller „Aha“-Moment in dem Song sind die „orchestralen Manöver in der Dunkelheit“. Eine Hommage an die wiedervereinigte 80er Ikonen OMD ??
Das kann aber wohl nur Thees Uhlmann beantworten.
Der nächste Song „& Jay-Z singt uns ein Lied“ trägt die Hommage ja schon im Titel :-) Wirklich! Es scheint, dass Thees Uhlmann ein Fan des amerikanischen Rappers ist. Über Jay-Z kann man streiten – den Blick als Musiker aber über den Schubladenrand schweifen zu lassen ist sicherlich wichtig. Mit „Casper“ als Feature hat er hier auch dem neuen Stern am deutschen Rap-Himmel eine Bühne geboten. Dieser bedankt sich für die Mitwirkung mit dem Auftreten in Caspers Song „XOXO“. Obwohl ich nun viel über Rap gesprochen habe ist der Song trotzdem klassisch rockig. Als nächste Singleauskopplung hören wir diesen Song sichr bald auch im Radio. Meiner Meinung nach aber trotzdem einer der eher schwächeren Songs des Albums.
Verzählt – oder künstlerische Freiheit?
Weiter in der Playlist. Der nächste Song „17 Worte“ birgt eine Überraschung aber dazu gleich mehr. Mit diesem Lied schafft Thees Uhlmann wieder einmal mit Leichtigkeit von Herz und Liebe zu singen – ohne das es aufgesetzt klingt. Wie auch schon mit Tomte in „Ich sang die ganze Zeit von Dir“ geht das Lied unter die Haut. Bei drittem Hinhören, habe ich dann aber mal nachgezählt was es mit den 17 Worten auf sich hat… und auch ein zweites durchzählen brachte mich partout nicht auf die 17 Worte.
Ich zähle bei „Ich(1) habe(2) ein(3) Kind(4) zu(5) erziehen(6). Dir(7) einen(8) Brief(9) zu(10) schreiben(11) und(12) ein(13) Fußballteam(14) zu(15) supporten(16)“ immer 16 Worte. Erst ein Blick ins Booklet zeigt mir, Thees schreibt Fußball Team auseinander. Der Duden sieht das übrigens anders (siehe: Fußballteam). Aber ich gebe Thees recht, wenn er sagt, das sich 17 irgendwie cooler anfühlen als 16. Außerdem ist es sein Song und wo er was trennt ist wohl wirklich sein Ding (ich nehme mir ja das gleiche Recht heraus).
Kommen wir jetzt zum wahrscheinlich von mir zu unrecht am kürzesten rezensierte Stück des Albums. Es klingt toll, es hat ein Anspielung auf die inoffizielle Nationalhymne Australiens („Waltzing Mathilda“) aber ich finde keinen Zugang zu dem Song. Liegt es daran, dass ich noch kein Vater bin? Sorry, hierfür brauche ich noch ein paar Runden mit der CD im Player.
Is London Calling You, Thees?
Mal ehrlich, einen dunklen Basslauf zirpende Gitarre und dann der Titel „Sommer in der Stadt“, klar denkt da jeder an „Summer in the City“ und wahrscheinlich wird das Thees auch im Hinterkopf gehabt haben, als er den Song schrieb. Wer jedoch darin nur eine deutsche Version des Joe Cocker Songs sieht hat nicht genau hin gehört. Mir ging es Anfangs genauso, jedoch bei genauerer Betrachtung handelt „Sommer in der Stadt“ aber vom tristen (über-)Leben in einer Großstadt, im Gegensatz zu den vermeintlichen Landidyllen von „Lat.53.7 Lon 9.111667“.
Also kein Idealbild wie in Cockers Song sondern vielmehr ein eher abgenutzt wie in „Schwarz zu Blau“ von „Peter Fox“ oder „the Clash“. Apropos „the Clash“ mit der Zeile „ein nuklearer Fehler aber ich fürchte mich nicht“ macht er den Bezug über deutlich (siehe Lyrics zu „London Calling“).
Der nächsten Track “ Römer am Ende Roms“ beginnt mit einer kleinen Klavierfolge. In einem langsamen Crescendo entwickelt sich der Song von einer Selbstoffenbarungs-Weise („Ich bin nicht der beste Tänzer“ – das kann ich nach Besuch eines seiner Live-Konzerte bestätigen) hin zu einer gitarrenbegleitenden Rocknummer.
Von den Einschränkungen des einfachen Lebens hin zur Hymne an die Stadt der Liebe
Kommen wir nun zum wohl traurigsten Song des Albums. Er handelt von den einem jedem Berufspendler bekannten Wiedersehen von Fremden. Thees Uhlmann spielt die Geschichte weiter und erzählt vom „Mädchen von Kasse 2“. Wer jetzt an einen roten Minirock denkt, liegt falsch. Die arbeitet an Kasse 3 ;-)
Die Träume des Mädchens scheinen zum folgenden Lied des Albums nur allzu gut zu passen.
„Lat: 53.7 Lon:9.11667“, so der nächste Song und übernächste Singleauskopplung, ist die Hymne an die Heimat. Wie im Opener singt Uhlmann hier von den Gefühlen, die man eben nur seiner Heimat gegenüber haben kann. Er beschreibt seine Heimat mit all den alltäglichen Dingen. Auf den ersten Blick wirkt es trist, erst bei genauerem Hinsehen bekommt man das Gefühl, dass man kennt wenn man die Heimat denkt. Wen es interessiert, findet hier die Lösung was sich hinter dem Titel verbirgt „Lat 53.7 Lon 9.11667“.
Was wäre eine Hymne an die Heimat ohne das passende Gegenstück. Weniger
vom Fernweh getrieben, wie z.B. Farin Urlaubs „Pakistan“ als vielmehr die Liebeserklärung an die Hauptstadt Frankreichs. Dank meines letzten Urlaubs dort, kann ich Thees hier sehr gut nachvollziehen. Es war zwar nicht im Herbst aber Paris im Juni ist auch sehr schön.
Dieser Song ist auf jeden Fall einer meiner Höhepunkte auf dem Album.
Alles auf Anfang – wir drehen uns im Kreis
Den Abschluss des Albums, „Vom Delta bis zu den Quellen“ schließt auch gleichzeitig den Kreis, den „Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse Den Fluss Hinauf“ begonnen hat. Wieder eine aquatisches Bild, dass das Album umrahmt. Diesmal aber als Sinnbild des Fluss‘ des Lebens. Auch dieser Song ist sehr hörenswert.
Fazit: Mit „Thees Uhlmann“ hat ebendieser eine stimmungsvolle Soloplatte vorgelegt. Die nähe zu „Tomte“ ist trotz Klavier unverkennbar, schliesslich Uhlmann auch dort für den Großteil der Texte zuständig.
Wer also Tomte mag wird Uhlmann lieben. Und wer die Platte hat und mehr möchte hat bis Ende Oktober 2011 noch Zeit ihn Live zu erleben.
Tourdaten Thees Uhlmann & Band
12.10.2011 Erlangen, E-Werk – DE
13.10.2011 Wien, Szene (ausverkauft!) – AT
14.10.2011 München, Muffathalle – DE
15.10.2011 Salzburg, Rockhouse – AT
16.10.2011 Stuttgart, LKA Longhorn – DE
18.10.2011 Freiburg, Jazzhaus – DE
19.10.2011 Zürich, Abart – CH
20.10.2011 Frankfurt, Batschkapp – DE
21.10.2011 Jena, Kassablanca Gleis 1 – DE
22.10.2011 Rostock, Mau Club – DE
23.10.2011 Magdeburg, Moritzhof – DE
25.10.2011 Köln, Live Music Hall – DE
26.10.2011 Bremen, Schlachthof – DE
27.10.2011 Lingen, Alter Schlachthof – DE
28.10.2011 Dortmund, FZW ( via VISIONS Westend) – DE
29.10.2011 Hamburg, Große Freiheit 36 (ausverkauft!) – DE
30.10.2011 Berlin, Postbahnhof – DE
>>Tickets gibt es hier<<
Ich werde mir Thees Uhlmann in Erlangen ansehen. Ein Bericht über das Konzert wird dann im Anschluss folgen.
Habt Ihr auch das Gefühle, dass das Album voll von versteckten Anspielungen und Hinweisen ist? Habt ihr noch weitere entdeckt? Lasst es mich wissen.
One Response to “Von Hommagen und Hymnen”
Sorry, the comment form is closed at this time.
[…] betrachtet man meine Berichte über dessen Auftritt bei Folklore 2011 und die Rezension seines Albums. Nun also noch der Bericht über den Tourauftakt werde mich mich nun auch wieder anderen Dingen […]